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Bundesverband CarSharing kritisiert geplantes Mobilitätsdatengesetz

Berlin, 11.12.2023

Das geplante Mobilitätsdatengesetz der Bundesregierung würde nach Auffassung des Bundesverband CarSharing e.V. (bcs) für Carsharing-Anbieter, Carsharing-Kund*innen und Kommunen gravierende negative Auswirkungen haben. In einem Positionspapier macht der bcs nun Vorschläge für eine ausgewogene Regulierung.

Ziel des Gesetzesvorhabens der Bundesregierung ist es, die Datengrundlage für digitale Mobility-as-a-Service (MaaS) Dienste zu verbessern, die Bürgerinnen und Bürger bei ihrer Wahl der Mobilitätsangebote unterstützen. Dazu erklärt Gunnar Nehrke, Geschäftsführer des Bundesverband CarSharing e.V. (bcs):

„Die Carsharing-Branche unterstützt das Ziel, Carsharing in multimodale digitale Auskunftssysteme zu integrieren. Das geplante Mobilitätsdatengesetz der Bundesregierung geht über diesen Zweck jedoch weit hinaus. In seiner geplanten Form schafft das Gesetz Teile des funktionierenden Mobilitätsmarkts in Deutschland ab.“

Die Carsharing-Branche unterstützt den Aufbau multimodaler Auskunftssysteme

Der Bundesverband CarSharing zählt derzeit in Deutschland 32 Kooperationen, in denen Carsharing-Anbieter ihre Daten für multimodale digitale Auskunftssysteme bereitstellen. Diese Kooperationen laufen zum Teil bereits seit Jahren. Diese gelebte Praxis des Datenteilens durch geeignete Rahmenbedingungen zu flankieren, wäre nach Meinung des bcs Aufgabe eines Mobilitätsdatengesetzes. Verbandsgeschäftsführer Nehrke wundert sich:

„Es gäbe Möglichkeiten, das Teilen und Verwenden von Mobilitätsdaten so zu ordnen, dass alle Akteure gleichberechtigt sind, keiner sich der Kooperation entziehen kann und keiner in der Lage ist, die Situation unzulässig für sich auszunutzen. Warum die Bundesregierung stattdessen einen Gesetzentwurf vorlegt, der einseitig digitale Dienste zulasten der tatsächlichen Mobilitätsangebote fördert, ist nicht nachvollziehbar.“

Open-Data-Pflicht würgt weiteren Ausbau der Carsharing-Angebote ab

Laut Eckpunktepapier des Verkehrsministeriums zum Gesetzentwurf sollen Carsharing-Anbieter Daten zur Verfügbarkeit ihrer Fahrzeuge als Open Data bereitstellen. Der Bundesverband Carsharing wirft der Regierung vor, dass sie die Folgen dieser Regelung nicht durchdacht hat. Verbandsgeschäftsführer Nehrke erläutert:

„Carsharing-Anbieter brauchen zwischen drei und fünf Jahre, um in bisher nicht versorgten Stadtgebieten und Gemeinden ein wirtschaftlich tragfähiges Angebot aufzubauen. Heute expandieren die Anbieter, weil sie darauf hoffen können, nach der Anlaufphase einen Return on Invest zu haben. Damit macht das geplante Mobilitätsdatengesetz nun Schluss. In Zukunft können Wettbewerber in Echtzeit verfolgen, ob jemand erfolgreich expandiert. Ist das der Fall, können alle Anbieter sofort zielgenau dorthin nachrücken. Damit fehlt für die Pioniere jeder Anreiz für die weitere Expansion. Das Mobilitätsdatengesetz torpediert in seiner geplanten Form alle Anstrengungen, die Carsharing-Versorgung jenseits der Innenstädte weiter auszubauen. Betroffen werden davon insbesondere kleinere Städte und der ländliche Raum sein.“

Der Bundesverband Carsharing schlägt stattdessen vor, abgestufte Datenbereitstellungsregelungen im Gesetz vorzusehen: Statische Auskunftsdaten können als Open-Data bereitgestellt werden, wettbewerbsrelevante Echtzeitdaten sollen dagegen nur für Akteure zugänglich sein, die diese tatsächlich zur Beauskunftung von Endkund*innen in multimodalen Auskunftssystemen nutzen. Dadurch würden Auskünfte ohne Qualitätsverlust möglich, eine Beeinträchtigung des Marktgeschehens bliebe aber aus.

Das geplante Gesetz schafft das Level Playing Field zwischen Mobilitätsdiensten und Auskunftsdiensten ab

Laut Eckpunktepapier des Verkehrsministeriums sollen Mobilitätsdienste ihre Daten für Anbieter von Auskunftssystemen bereitstellen. Die Auskunftssysteme unterliegen keiner vergleichbaren Pflicht. Dabei würden ihre Daten von den Mobilitätsanbietern dringend benötigt. Nehrke erläutert:

„Nachfragedaten aus Auskunftssystemen sind wichtig, um die Verfügbarkeit der Carsharing-Services zu optimieren. Deshalb müssten die Auskunftssysteme zu einer Bereitstellung dieser Daten verpflichtet werden. Das geplante Gesetz sieht reziproke Datenlieferpflichten aber nicht vor. Liefern sollen nur die Carsharing-Anbieter. Unfairer kann man einen Markt kaum gestalten.“

Der bcs fordert, stattdessen gegenseitige Datenlieferpflichten für alle Marktteilnehmer einzuführen.

Ein Schutz vor verzerrten Mobilitätsauskünften ist nicht vorgesehen

Jeder kennt das Phänomen bereits von Internet-Suchmaschinen: Erst kommen die gesponserten Links, dann erst die eigentlichen Suchergebnisse. Nach dem Willen des Verkehrsministeriums soll dies zukünftig auch in Mobilitätsauskünften möglich sein. Denn der Entwurf der Bundesregierung zum Mobilitätsdatengesetz enthält keinen Hinweis darauf, dass Auskunftssysteme diskriminierungsfrei und unbeeinflusst von Geschäftsinteressen informieren müssen. Neben den schlimmen Folgen, den dies für die Endnutzer*innen haben wird, sieht der Bundesverband Carsharing einmal mehr auch erhebliches Potenzial für Verzerrungen im Mobilitätsmarkt. Verbandsgeschäftsführer Nehrke erläutert:

„Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Mobilitätsanbieter alle Rechte darauf verlieren, dass ihr Service in Auskunftssystemen wahrheitsgemäß und vollständig dargestellt wird. Es ist abzusehen, dass in den Auskunftssystemen bald eine Schlacht toben wird, die jene Mobilitätsangebote gewinnen, die am meisten für eine gute Darstellung ihrer Angebote zahlen. Für die Förderung nachhaltiger Mobilität ist das keine gute Nachricht.“

Der Verband fordert, die im europäischen Rechtsrahmen bereits formulierten Regeln für eine transparente, diskriminierungsfreie und nicht verzerrte Auskunftserteilung in deutsches Recht zu übernehmen.

Download

PDF: Bundesverband CarSharing_Pressemitteilung_Mobilitätsdatengesetz

PDF: Bundesverband CarSharing_Position_Mobilitaetsdatengesetz